Mieten – die übersehene Krise

Preiserhöhungen, Energiekrise, Lohndrückerei, Klimakrise – bei all den drängenden Problemen und den Zumutungen mit denen wir uns konfrontiert sehen, bleibt eine sich langsam aber stetig verschlimmernde Krise derzeit im Hintergrund: die immer weiter steigenden Mieten.

Dabei ist es überall das Gleiche: Egal ob Berlin, Hamburg, München, Köln, Bielefeld, Leipzig oder Dresden – die Mietpreise kennen nur die Richtung nach oben. So sind die Mieten in Berlin in den letzten zehn Jahren um 100% gestiegen, in Hamburg seit 1999 um 59,3% – alleine letztes Jahr um 7,3%. Gleichzeitig werden Massenhaft Sozialwohnungen an Konzerne verschleudert – allein Berlin hat über die Hälfte des Bestands seit dem Mauerfall zu Spottpreisen an Investoren abgegeben. Hinzu kommt, dass die Preisbindungen für Sozialwohnungen überall auslaufen und sich so der Bestand von günstigem Wohnraum zusätzlich verringert. In Hamburg: 350.000 Sozialwohnungen gab es in den 80er Jahren, dreiviertel davon sind inzwischen aus der Preisbindung gefallen.

Die Politik verspricht uns immer wieder, ist dem Problem mit mehr und mehr Neubau Herr zu werden. Doch wir brauchen die Wohnungen jetzt und nicht in zehn Jahren! Und gebaut werden zum Großteil Luxusquartiere – es werden nicht mal im Ansatz genug Wohnungen als Sozialwohnungen geplant. Die gebetsmühlenartige Rede vom Neubau geht an der Realität vorbei. Es ist bereits genügend Wohnraum vorhanden – wir können ihn uns nur nicht leisten. Der Wahnsinn vom Neubau verfolgt nur ein Ziel: Profite von Konzernen zu erhöhen.

Die sich stetig zuspitzende Krise der Mieten geht einher mit den immer weiter ansteigenden Preisen von Strom, Gas und Lebensmitteln, was das Wohnen und Leben zunehmend schwerer macht. Denn die Löhne steigen nicht oder nur sehr gering.

Zumindest für die Mieten gab und gibt es konkrete Lösungen, die im Prinzip von jetzt auf gleich umsetzbar wären. Der Berliner Senat führte im Januar 2020 den sogenannten Mietendeckel ein, der einen weiteren Anstieg verhinderte. Im Januar 2021 entschied das Bundesverfassungsgericht, das Land Berlin hätte seine Kompetenzen überschritten, da ein solches Gesetz Bundessache sei und hob den Mietendeckel auf. Ein bundesweiter Mietendeckel muss genau jetzt eingeführt werden. Darüber hinaus – und auch noch wesentliche besser – gab es soziale Bewegungen, die sich für Lösungen vom Mietproblem eingesetzt haben. Die Initiative Deutsche Wohnen und Co enteignen aus Berlin schaffte es eine Volksabstimmung in Berlin durchzusetzen, bei der die absolute Mehrheit der Menschen für die Enteignung großer Immobilienkonzerne stimmte. Die Politik unternimmt jedoch weiterhin nichts. In Hamburg startet mit Hamburg enteignet gerade eine ganz ähnliche Initiative. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass auch eine Abstimmung in Hamburg zu dem Ergebnis führen würde, dass die Menschen sich Enteignungen von Konzernen wünschen, die mit unserem Bedürfnis nach Wohnraum Geld verdienen. Doch wird auch hier die Politik untätig bleiben – solange die Menschen ihrem Wunsch nicht mit Protest und Streiks Nachdruck verleihen.

Enteignung ist machbar. Sie hilft Millionen die durch dieses System der Krisen in ihrer Existenz bedroht sind und sie schadet niemandem, außer Großkonzernen die uns ausbeuten. Allerdings können wir uns nicht darauf verlassen, dass die Politik uns helfen wird – Lobbyinteressen und Politikkaste gehen Hand in Hand. Im besten Fall gehen wir einen Schritt weiter und überführen den Wohnraum in den Besitz derjenigen, die ihn nutzen und entziehen ihn gänzlich jedem Profitinteresse, auch dem staatlichen.